Am 07. Juni fand die Veranstaltung
„Wir müssen miteinander reden!“ statt.
Der Bezirksschulbeirat und der Bezirkselternausschuss Friedrichshain-Kreuzberg luden dazu ein.
Teilgenommen haben die Bezirksstadträte für Schule und Sport Dr. Peter Beckers (Friedrichshain-Kreuzberg) und Sabine Smentek (Mitte). Die Schulaufsicht wurde von Marita Knauf und das Schulamt von Marina Belicke vertreten. Christine Würger kam für die Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Wissenschaft. Die Grünen waren unter Anderem mit Stefanie Remlinger vertreten. Weitere Teilnehmer waren viele Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen. Vertreter der Architektur waren ebenso Teilnehmende der Veranstaltung, so dass zwischen ca. 40 bis 50 Interessierte inklusive einem Baby als Zuhörer zusammenkamen.
Um 19 Uhr wurde die Veranstaltung durch den Vorsitzenden des Bezirksschulbeirates, Peter Heckel, eröffnet. Er verwies auf das Motto der Veranstaltung „Wir müssen miteinander reden!“ und bedankte sich bei den Teilnehmern für das große Interesse. Die Vorsitzende des Bezirkselternausschusses erläuterte im Anschluss den geplanten Ablauf der Veranstaltung und übergab das Wort an Schulstadtrat Rainer Schweppe, dem Referatsleiter für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München.
In seinem Vortrag erklärte er die Zusammenhänge, die dazu geführt haben, eine Task Force zur Münchner Schulbauoffensive zu gründen. München ist, wie auch Berlin, im rasanten Bevölkerungszuwachs. Von 2010 bis 2030 mit voraussichtlich 345.000 Einwohner*innen mehr. München ist mit ca. 4.914E/km² die am dichtesten besiedelte Großstadt in Deutschland.
Um die stetig steigenden Schülerzahlen bis 2030 vernünftig mit Schulplätzen ausstatten zu können benötigt München ca. 51 neue Schulen und zusätzlich Erweiterungen und Sanierungen.
Um den kommenden Aufgaben gewachsen zu sein wurde 2013 eine Arbeitsgruppe Schulbauoffensive mit Beteiligung aller verantwortlichen städtischen Referaten gegründet. Eine Task Force „Ausbau und Erweiterungspotentiale“ hat seit 2014 alle 350 Schulstandorte bezüglich Bebaubarkeit/Baurecht, Sanierungsbedarf, demografischer Entwicklung… untersucht. Beteiligte der Task Force waren in erster Linie die Referate Bau, Stadtplanung/Bauordnung und das Referat für Bildung und Sport.
Darauf folgten mehrere Beschlüsse, wie ab 2013, die Aufstellung der Schulentwicklungspläne für jede Schulart und deren Fortschreibung, Schul- und Kitabau inkl. Beschluss für Schulpavillons und Baubeschleunigungsmassnahmen im Nov. 2014. Im Mai 2015 wurden, unter Beteiligung schulischer Pädagoginnen und Pädagogen, sowie Vertretern der Elternschaft, neue Standardraumprogramme (das Münchner Lernhaus) für Grund-, Mittel-, Realschule und Gymnasium beschlossen. Im Juli 2015 wurden die weiteren Schulpavillons 2016/17 beschlossen und die Ergebnisse der Task Force vorgestellt. Februar 2016 wurde das 1. Bauprogramm Schulneubau und Erweiterungen beschlossen.
Parallel wurden Sanierungsmaßnahmen mit Sondermitteln dotiert. Alleine 2015 wurden, mit wenigen Ausnahmen, alle Toilettensanierungen durchgeführt. Zusätzlich bekommt jede Schule jährlich einen Betrag von durchschnittlich 100.000 Euro (richtet sich nach der Schülerzahl) für den Bauunterhalt zur Verfügung gestellt, der im Auftrag der Schulen vom Baureferat abgearbeitet wird.
München nimmt für das Pavillonprogramm 2016, für 28 Anlagen, 165 Mio. Euro in die Hand. Für den 1. Bauprogrammbeschluss (Neubauten, Erweiterungen und Großsanierungen) sind es insgesamt für 39 Projekte 1,8 Mrd. Euro, auf Basis der Lernhausraumstandards.
Gleichfalls stellte Schulstadtrat Schweppe das Münchner Lernhaus vor, das in seiner Gesamtheit als Standard eingeführt wurde:
Eine Grundschule besteht beispielsweise aus mehreren „kleinen Schulen“/Lernhäusern in übersichtlicher Größe eines Zuges (in Bayern entspricht ein Zug 4 Klassen = maximal ca. 100 Kinder). Die Schule ist für 100% Ganztagsbetrieb ausgerichtet, Vor- und Nachmittagsräume sind integriert, als flexibles multifunktionales Ganztagsraumkonzept.
Unterschiedliche Schulkonzepte sind im Lernhaus möglich. In jedem Grundschullernhaus sind 4 Klassen-, 2 Ganztags-/Differenzierungs-räume, ein Ruheraum, 1 Teamraum und ein Sanitärbereich enthalten den Lernhäusern ist jeweils eine Leitung (neue mittlere Führungsebene) und ein festes Pädagog*Innenteam zugeordnet, das die SchülerInnen über die Schulzeit begleitet.
Die Lernhäuser der weiterführenden Schulen sind ähnlich gestaltet.
Das Lernhaus setzt einen zentralen, multifunktionalen Mehrzweckbereich in den Mittelpunkt, der sowohl „Pädagogischer Raum“ ist als auch Verteilerfunktionen hat (ein Flur wird damit eingespart). Um diesen werden in Clusterform sämtliche, für das Lernen, wichtige Räume gruppiert. Im zentralen Kern des Schulgebäudes entstehen so, den jeweiligen pädagogischen Anforderungen entsprechende, modifizierbare freie Räume, die eine individuelle Unterrichtsform zulassen. So kann im Grunde jede Schule ihr eigenstes Profil aus- und einarbeiten.
Fachräume, Mensa, Sporthalle, Verwaltung etc. sind in anderen Gebäudeteilen untergebracht, wobei die Mensa mit Bühne und Foyer das „Herz der Schule“ bilden soll.
Auch Bestandsgebäude werden nach dem Lernhausprogramm bemessen und bei Sanierungsbedarf und baulicher Möglichkeit entsprechend umgebaut. Für die Planung werden den Architekten klare, verbindliche Vorgaben zum Schulgebäude gemacht, mit dem Lernhaus-Programm (Cluster) und dem pädagogischen Konzept der Schule.
Die wachsenden Stadt und die zahlreichen Neubauten für Schulen bilden die Chance für moderne, den heutigen pädagogischen Anforderungen entsprechenden Konzepten. Ein paar Neubau-Beispiele auf Basis des Lernhauskonzepts wurden erläutert. Die Erfahrungen mit dem Lernhauskonzept haben gezeigt, dass die Leistungsdaten einiger Schulen sehr positiv ausfielen. Insbesondere die Abschlussquoten sind drastisch zurückgegangen und die Wiederholerquoten erheblich reduziert worden. Bei einer Lernhausschule wurde sogar eine Abschlussquote von 100% und eine Wiederholerquote von 0% erreicht. Die Chancengerechtigkeit wird mit diesem Raumkonzept erhöht!
Herr Schweppe antwortete nach dem Vortrag auf speziellere Fragen.
Im zweiten Teil der Veranstaltung hatten sich die Teilnehmenden in buntgemischten Gruppen zusammengesetzt oder bei Brezel und Getränk zusammengestellt, um darüber zu reden, woran es in Berlin hapert und wie man dem vielleicht in Zukunft begegnen könnte. Herr Schweppe beriet dazu aus seiner Erfahrung heraus und diskutierte mit allen Anwesenden darüber. Frau Christine Würger, wie auch Dr. Peter Beckers und Sabine Smentek waren auch intensiv an Gesprächen beteiligt.
Konkrete Aussagen waren z.B.:
– Task Force bilden, keine Einzelentscheidungen mehr, die Zeit und Geld kosten!
– Mehr dezentral zugeordnete, kleinere Toilettenräume, um Vandalismus zu verringern!
– Die Kommunikation zu den Schulen muss verbessert werden!
– Keine Budgetierung nach Schülerzahlen!
– „Soziale Infrastruktur“-Konzept (SIKo) als Chance begreifen und Schulen frühzeitig
eingliedern! Schulbau muss so wichtig sein wie Straßenbau!
– Große Mensen mit mehr Platz und Zeit in die Schulbaukonzepte einbinden, denn
gemeinsames Mittagessen ist elementarer Erziehungsaufgabe, v.a. für Grundschulen.
– Zukunftsorientierte und multifunktionale Schulen bauen!
– Mehr Vertrauen schaffen durch Transparenz schaffen!
– Keine Schuldzuweisungen und Befindlichkeiten mehr! Kultur der Verwaltung und
Politik muss verändert werden!
– Teambildungsmaßnahmen auf allen Ebenen!
– Vereinfachung von Lehrereinstellungen!
– Zentrale Webseite zu aktuelle Bauzustände in Land Berlin und Bezirke!
– „Berliner Lernhauskonzept“ (6 Klassen ein Zug= ca. 144 SchülerInnen) entwickeln
und anstelle des Musterraumprogramms als Grundlage für Neubauschulen sowie für
Bestandsgebäude (bei Grundsanierungen und soweit baulich möglich) beschließen …
– Lernhauskonzept auch als Bemessungsgrundlage für Bestandsgebäude anwenden!
– 22.000 Schulplätze schaffen bis 2018 durch Schnellbauvorhaben (MEBs) gleichzeitig
auch neue Schulen regulär planen und bauen auf Basis eines neuen Raumprogrammes
(ähnlich Lernhaus) und beschleunigter Verfahren….
– Innovatives Denken ist gefragt, z.B. Sportplätze/Pausenräume etc. auf dem Dach!
In der Gruppendynamik hatte Frau Würger einen entscheidenden Satz gesagt (Zitat): „Auf Bestandsschulen kann man das MRP nicht anwenden.“ Und „das MRP hat nichts
mit Raum-Zug-Faktor zu tun!“
Die Veranstaltung „Wir müssen miteinander reden!“, bei Brezeln und Getränken, und immer wieder kleine gemischte Gruppen in intensiven Gesprächen fand ihr Ende gegen 22 Uhr.
Als Ergebnis der Veranstaltung kann man sagen, „Wir haben miteinander geredet!“.
Es gab einen regen Austausch an Informationen, Ideen und Zukunftsgedanken! Die Teilnehmenden sehen das Vorgehen Münchens als gutes Beispiel, das auch in Berlin Erfolg haben kann! Entsprechende Schritte bei SenBJW, SenFin und SenStadt sollten zeitnah folgen.
Eine weitere Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist möglich und kann das verlorene Vertrauen aller Akteure Schule zueinander wieder stärken.